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Zwei:Falt  ·  05. September 2025

500 Jahre Täufertum #3 Von Arbeit und neuen Technologien bei den Täufern

veröffentlicht im Allianzspiegel Nr. 152 (September 2025)

Einleitung:

Außenansicht vom Allingauer Einzelhof; Credits: Verena Schnitzhofer
Außenansicht vom Allingauer Einzelhof; Credits: Verena Schnitzhofer

500 Jahre Täufertum:

Von der ersten Erwachsenentaufe 1525 ins Heute

Diese vierteilige Serie wird im Laufe des Jubiläumsjahres 2025 im Allianzspiegel der "Evangelischen Allianz Österreich" veröffentlicht und greift sozio-politische (anstatt die eher bekannten theologischen) Themenkränze der Täuferbewegung auf, die bis ins Heute hineinwirken und beleuchtet Einzelschicksale als mutiges Zeugnis.


Überblick Serie:

#1 Bildung (EAÖ-Download Nr. 150, S. 23 |Artikel hier im Blog lesen)

#2 Hierarchien (EAÖ-Download Nr. 151, S. 17 |Artikel hier im Blog lesen)

#3 Arbeit (EAÖ-Download Nr. 152, S. 33| Aktueller Blog-Artikel)

#4 Religionsfreiheit (erscheint Anfang Dezember)


Bildbeschreibung:

Eine der jüngsten täuferischen Siedlungen mit einer Fläche von etwa 0,4 ha ist der Einzelhof Allingau (Alinkov) in Mähren. Es ist der einzige vollständig erhaltene Hof. Erste belegte Erwähnung der Täufer mit 1596.


[Langfassung]

#3 Arbeit & Technologien

Im Laufe unseres Lebens verbringen wir etwa ein Drittel unserer Zeit mit Arbeit. Neben Schlafen, Essen und Freizeit ist das wohl unsere Hauptbeschäftigung. Wie verherrlichen wir in dieser bedeutenden Zeit Gott?

 

Im Mittelalter gab es bereits berufliche Spezialisierungen und in Zünfte organisierte Handwerkssparten: fachlich durchlief man ein gut funktionierendes System (Lehrling – Geselle – Meister), war somit bestens ausgebildet und auch in einem Handwerk (meist bis zu seinem Lebensende) verortet. Für die Täufer ist festzuhalten, dass auch diese in der frühen Neuzeit oftmals ihren Brotberufen nachgingen und ihren Glauben dort teilten, wo es möglich war oder sich eine Gelegenheit bot: Sie verdingten sich in erster Linie als Bauern (auch Weinhauer etc., ca. 65%) und Handwerker (Weber, Schneider, Schuster, Schmiede, Müller, Töpfer, Glaser etc., ca. 35%). „Die bevorzugten Produktionszweige waren das Textilwesen, die Töpferei (Anmerkung: Habaner-Fayence), die Glasfabrikation und die Metallverarbeitung.“ (Eichinger, S. 72).

 

In Zusammenhang mit qualitativ hochwertiger Messerherstellung wurde Steyr (hutterische Produktion) mit Solingen und Sheffield in einem Zug genannt. Spannendes Detail am Rande: es ist belegt, dass der Zürcher Rat die Auswanderung zu vieler Schweizer Gruppen nach Mähren in den 1580er beklagte. Offenbar lockten die mährischen Abgesandten diese mit kleinen Geschenken, vor allem mit kleinen Messern aus eigener Herstellung. Als 1608 eine Schweizer Gruppe vom Magistrat in Krems (an der Donau) verhaftet wurde, der ihnen ihre Habseligkeiten wegnahm und sie zur Zwangsarbeit in die Gemeinde schickte, protestierten die mährischen Behörden (darunter sogar der vehemente Täufergegner Kardinal Dietrichstein) beim Kaiser gegen diese Tat und forderten ihre sofortige Freilassung. Sie erklärten, dass wegen des Krieges in vielen Orten Einwohnermangel herrsche und die Einwanderung der Schweizer daher sehr wünschenswert sei.

 

In Mähren lebten im ausgehenden 16. Jahrhundert etwa 20. bis 25.000 Täufer auf 57 Höfen in 25 Herrschaften, dies entsprach der Bevölkerung Wiens und etwa 2,5% der Gesamtbevölkerung. Allein in Nikolsburg (Mikulov) lebten etwa 15.000 Täufer in Bruderhöfen, also Haushaben zu je etwa 200 bis 500 Personen, zusammen. Das Gemeindeleben war in Form von Produktions- und Konsumgenossenschaften (mehrheitlich Gütergemeinschaften) organisiert.

 

Dass unter den Täufern hauptsächlich (kleine) Handwerker (aus den städtischen Bereichen) zu finden waren, beweisen auch ihre vielen Namen, denn meist wurde Familienname, Herkunftsort oder die zugehörige Berufsgruppe synonym verwendet, wie z.B. der Name Leonhard Lanzenstiel oder Leonhard Sailer zeigt. Seltener sind ehemalige Klosterbrüder oder Priester, Adelige, Edelleute wie z.B. Richter, unter den Täufern zu finden.

 

Ein bekannter Richter in Tittmoning allerdings war der aus einer ritterlichen Familie stammende Wolfgang Paumann, der im November 1527 in Salzburg am Scheiterhaufen verbrannt wurde, obwohl er sein gesamtes Vermögen darbot und letztlich seinem täuferischen Glauben entsagt hatte. Seine Nichte Anna wurde 1552 Äbtissin in Nonnberg und brachte dort das Erbe ihres (kinderlosen) Onkels zu.

Weitere Akteure in Salzburg waren neben dem als Buchmacher und Buchhändler ausgebildete Hans Hut (bedeutender Täufermissionar für den Norden Österreichs) auch der Tischler Eucharius Binder, der in den Städten predigte, während dessen Knecht Joachim März „seinem alten Beruf“ nachging. Der Goldschmied Georg Steiner stellte sogar (entgegen einem fürsterzbischöflichen Mandat) sein Haus als Treffpunkt für die Täuferversammlungen zur Verfügung. Die drei letztgenannten wurden am 25. Oktober 1527 mit anderen nächst dem Salzburger Dom öffentlich hingerichtet.

Einer der herausstechenden hutterischen Brüder war Veit Grünberger, der auch Greyenburger oder „Uhrmacher“, nach seinem Beruf, genannt wurde. Grünberger wurde 1570 im Pinzgauischen Wald verhaftet, lag fünf Wochen in Mittersill im Kerker und dann weitere Jahre in der Festung Hohensalzburg gefangen, ehe ihm im siebten Jahr die Flucht nach Mähren gelang, wo er ein Jahr später zum Vorsteher in Neumühl (die wohl bedeutendste mährische Täufersiedlung Nové Mlýny) gewählt wurde.

Die hohe Arbeitsethik der Täufer (später auch als spezifische Gruppe die Hutterer) machte sie auch für hohe Verwaltungsposten (wie Kellermeister oder Gutsverwalter) attraktiv. Aber auch als Ärzte waren sie gern gesehen: Sogar Kaiser Rudolf II. vertraute einem hutterischen Arzt zweimal sein Leben an. Für den Bergbau (Silberabbau in Tirol) bzw. das Ingenieurswesen sei Pilgram Marpeck exemplarisch angeführt: Als Sohn eines Bergwerksunternehmer im Tirolischen Rattenberg aufgewachsen, war er ab 1525 als Bergrichter im Einsatz. Mit Zwischenstationen u.a. in Austerlitz (1528) und Straßburg (1528-1532), diente der bekennende Täufer ab 1544 in der Städtischen Baukommission in Augsburg und zeichnete sich dort für die Holz- und Wasserversorgung der Stadt verantwortlich.

 

Kommerzialisierung war ihnen aus der Bibel heraus eher verpönt: bei Händlern und Kaufleuten sahen sie einen eindeutigen Hang zur Sünde, die ja vermieden werden sollte. Sie bezeichnen diese Wirtschaftskreise als „Hure Babylon“, weil Waren mit Profit weiterverkauft und oft Wucher betrieben wurde. Darin sahen sie eine Beraubung von ohnehin armen „Mäulern“. Obwohl sie sich einem Warenverkauf nicht gänzlich verschließen konnten, versuchten sie einen Unterschied zu machen in dem sie Waren profitfrei tauschten. Aber diesbezüglich gab es auch bei den täuferischen Gruppen Dispute: die Schweizer Brüder in Hessen deklarierten 1578, dass der Lebensunterhalt besser durch „ehrliche manuelle Arbeit“ als mit „faulen Tricks durch Kommerz“ verdient werden sollte. Jedoch gibt es auch Belege für gewerbliche Transaktionen (bei den Pilgramiten in Mähren) und anabaptistische Geschäftsmänner auf Frankfurter Jahrmärkten. Letztlich ging es ihnen mehr um das Ausmaß und den Einsatz, den ein gläubiger Mensch in der Handelswelt leisten sollte. Am besten bespräche man sich vorab mit anderen Brüdern und Ältesten.

Die hutterischen Brüder hatten eigene Ordnungen und führten Qualitätskontrollen durch. Ihre gemeinschaftliche Arbeitsweise und Fleiß („Honig-Bienen der Republicken“ [sic!]), sowie ihre Einstellung zu Sparsamkeit und Ehrlichkeit verhalf ihren Höfen in Mähren ab den 1530er Jahren rasch zu wirtschaftlichem Aufstieg. Eine Besonderheit war auch, dass die wichtigsten Handwerke im Bruderhof vertreten waren und somit relativ rasch („wie am Fließband“) eine hochwertige Kutsche gebaut werden konnte, für die sonst die verschiedensten Zünfte zu koordinieren waren. Auch Großprojekte wie Brauereien oder Mühlen wurden in Angriff genommen. Um einem Hausverlust durch leicht in Brand geratene Strohdächer vorzubeugen, wurde eine mehrschichtige Kombination von Stroh und Lehm ausgeklügelt. Dieses „Brandschutzdach“ wärmte zudem im Winter, kühlte im Sommer und war billiger sowie nachhaltiger in der Anschaffung.

 

Das Thema Religionsfreiheit und freie Gewissensäußerung wird dieser Serie beschließen.

 

Autorin: Verena Schnitzhofer

 

Buchempfehlung:

Reinhold Eichinger, Josef F. Enzenberger, Täufer, Hutterer und Habaner in Österreich. Täufermuseum Niedersulz, Hamburg. Wien 2011, 2. Auflage.

 

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